Haspelseide
Haspelseide bezeichnet die Seide, die in einem Zug vom Kokon des Maulbeerseidenspinners Bombyx mori abgewickelt wird (siehe auch Maulbeerseide). Dieser einzelne Faden kann rund 900 Meter, in einigen Fällen sogar bis zu 1.200 Meter lang sein. Haspelseide gilt als die höchste Qualitätsstufe der Naturseiden, da die Kokons von Bombyx mori reinweiß sind, sich daher besonders gut einfärben lassen, und zudem eine sehr hohe Reißfestigkeit aufweisen.
Gewinnung der Haspelseide
Haspelseide wird nur aus der so genannten Maulbeerseide gewonnen, da nur diese sich in diesem besonderen Verfahren vom Kokon ablösen lässt. Die Seidenarten anderer Seidenspinner (Atlasspinner, Eichenspinner) weisen kürzere oder stärker verklebte Fäden auf und müssen daher im Kammgarnverfahren, also durch mehrmaliges Auskämmen der Seidenfasern, gelöst werden. Ähnlich wird mit den Resten verfahren, die bei der Herstellung der Haspelseide übrig bleiben: Die Kokonenden lassen sich nicht mehr abwickeln, genauso bleibt der Faden übrig, mit dem die Seidenspinnerraupe ihren Kokon an Pflanzen befestigt. Um diese Garne nicht verloren gehen zu lassen, werden sie gereinigt und ausgekämmt. Daraus entsteht die so genannte Schappeseide, die aus mittellangen Fasern von etwa 15 Millimetern Länge besteht. Seide, die aus den kürzeren Fasern gewonnen wird, die beim Schappeverfahren übrig bleiben, sowie aus Kokonresten, bezeichnet man als Bouretteseide.
Das Haspelverfahren
Um den feinen Seidenfaden zu gewinnen, wird der Kokon vor dem Schlüpfen des Falters in eine spezielle Vorrichtung gespannt. Die Larven werden zuvor im heißen Wasserbad abgetötet. Der Faden wird nun in einem Zug vom Kokon abgewickelt. Die Herausforderung für die Arbeiter liegt darin, den Faden während des Abhaspelns nicht reißen zu lassen. Der Seidenfaden muss nicht mehr versponnen werden, ist dadurch besonders fein und glatt. Zumeist werden drei bis acht, in modernen Fabriken auch bis zu 30 Kokons zugleich abgewickelt. Für 250 g Seide benötigt man etwa 3.000 Kokons.
Eigenschaften
Da ein Faden aus Haspelseide vor der Weiterverarbeitung nicht mehr versponnen werden muss, weist er eine besonders glatte und einheitliche Oberfläche auf. Diese führt zu dem besonderen Glanz der Seidengewebe.
Die Seidenfäden werden miteinander verzwirnt, daraus werden anschließend verschiedene Seidengewebe gefertigt. Durch unterschiedliche Drehungen von Kett- und Schussfäden und verschiedene Webarten entsteht die bekannte Vielfalt an Seidengeweben, z.B. Chiffon, Satin, Crepe de Chine und weitere.
Bildnachweis: Haspelseide © Photograph LACMA – LACMA Image Library (wikipedia.org)